Strategie gegen Einsamkeit entwickeln

Einsamkeit ist ist abgesehen von den Einzelschicksalen auch politisch höchst relevant, da sie mit erheblichen gesundheitlichen Problemen einhergeht, die hohe Gesamtkosten verursachen.

Unterschiedliche Menschen - alt und jung, Männer und Frauen, mit und ohne Behinderung - sitzen draußen auf Bierbänken an einem Tisch, essen gemeinsam.
© VdK

Problembeschreibung

Einsamkeit kann jeden treffen, junge oder alte Menschen, Gesunde oder Kranke. Gemäß einer Umfrage der Splendid Research GmbH aus dem Jahr 2019, die auf einer repräsentativen Stichprobe beruht, gaben etwa 17 % der befragten Personen an, sich häufig oder ständig einsam zu fühlen. Unter Einsamkeit leidende Menschen sind besonders gefährdet zu erkranken, dies ist wissenschaftlich vielfach belegt. Sowohl mit psychischen Krankheiten wie Depressionen als auch mit einem erhöhten Risiko für körperliche Leiden wie koronare Herzkrankheiten und Schlaganfällen sind einsame Menschen stärker belastet als die Allgemeinbevölkerung. 

Gravierend sind die Folgen bei einsamen älteren Menschen, bei welchen nachweislich die Teilhabefähigkeit am Lebensalltag verringert wird und welche eine höhere Sterberate aufweisen als Gleichaltrige, welche nicht unter Einsamkeit leiden. Besonders betroffen sind zudem Menschen mit Behinderungen, welche nach einem aktuellen Teilhabebericht des Paritätischen Gesamtverbands zu 39 % unter Einsamkeit leiden. Einsamkeit ist zwar nicht gleichbedeutend mit sozialer Isolation, beispielsweise aufgrund einer Behinderung, Krankheit und des Alters, oder mit sozialer Exklusion, von welcher besonders stigmatisierte Menschengruppen wie Arme, Alleinerziehende oder Migrant:innen betroffen sind. Dennoch gibt es starke Zusammenhänge. Das Schamgefühl ist das größte Hindernis, um psychosoziale Versorgung in Anspruch zu nehmen. Mobilitätseingeschränkte Personen und Menschen mit kognitiven Einschränkungen sind häufig einsam, da sie teilweise nur eingeschränkt die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Aufklärung und Forschung

Zum Thema Einsamkeit muss es mehr Aufklärung und Forschung geben. Hierzu gehört der Ausbau von Forschungskapazitäten, beispielsweise zur Prävention von Einsamkeit. Einige Länder wie Großbritannien gehen das Thema Einsamkeit bereits auf hoher Ebene an. So gibt es dort seit 2018 eine Ministerin für Einsamkeit. Einsamkeit muss hierzulande ebenfalls von politischer Seite begegnet werden und konkrete Maßnahmen auf den Weg gebracht werden. Dies können beispielsweise Anti-Stigmatisierungskampagnen sein, die mit der Vermittlung von psychischer Gesundheitskompetenz einhergehen. 

Teilhabechancen verbessern

Außerdem müssen Teilhabechancen verbessert werden, um Einsamkeit vorzubeugen beziehungsweise zu beenden. Dies betrifft zum Beispiel den Ausbau der Beschäftigungspolitik hin zu einem inklusiven Arbeitsmarkt, welche die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen stärkt, und die Förderung von Barrierefreiheit, auch im ländlichen Raum, um die soziale Teilhabe von älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen zu fördern. Eine weitere Maßnahme ist die Schaffung öffentlicher kostenfreier Räume für soziale Treffs und weitere solcher sozialen Angebote, wie etwa Veranstaltungen, Reisen und Mehrgenerationen-Begegnungsorte, aber auch Angebote für mobilitätseingeschränkte Personen, wie Vorlesepatenschaften, Hausbesuchsdienste, Einkaufshilfen und aufsuchende Bewegungsangebote. 

Insbesondere für diese Personengruppe, aber auch für alle anderen, ist die Möglichkeit der flächendeckenden Nutzung digitaler Möglichkeiten, beispielsweise von Smart Speakern und Videotelefonie, ein Weg, um mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und an der Gesellschaft teilzuhaben. Lokale „Dorf-Apps“, über die Fahrgemeinschaften, Einkaufshilfen und Veranstaltungen organisiert werden können beziehungsweise Informationen dazu zur Verfügung gestellt werden, tragen ebenfalls dazu bei, dass Menschen trotz möglicher Einschränkungen in Kontakt treten können und sich informieren können. Solche lokalen Apps sollten ebenfalls flächendeckend zur Verfügung stehen. Digitale Botschafter:innen, die es bereits vereinzelt gibt, können hier hinsichtlich des Erlernens und der Förderung digitaler Kompetenzen unterstützen. Auch diese sollten im ganzen Bundesland eingeführt werden. 

Ausweitung bestehender Angebote

Das Angebot der „Gemeindeschwester plus“ hat sich sehr gut bewährt. Es sollte auch auf Menschen, die das 80. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, ausgeweitet werden. Es besteht die Möglichkeit der Vernetzung der VdK-Ortsverbände mit den Gemeindeschwestern plus, um noch mehr Menschen in einer Isolation oder mit Unterstützungsbedarf zu erreichen. Grundsätzlich können Vereine und Verbände gegen Einsamkeit wirken, indem Menschen dort in eine Gemeinschaft eingebunden sind. Darauf verweist auch der Sozialpolitische Antrag zum Ehrenamt. 

Daneben sollten aktiv bestehende Entlastungsangebote für pflegende Angehörige in Form der Nachbarschaftshilfe bekannter gemacht werden.