Nächstenpflege unterstützen

In Rheinland-Pfalz sind über 250.000 Menschen pflegebedürftig. Die Mehrheit von ihnen wird zu Hause gepflegt, wie die Ergebnisse der VdK-Pflegestudie zur Nächstenpflege für Rheinland-Pfalz zeigen.

Die Hand einer älteren Frau hält die Hand einer jüngeren Frau in einer tröstenden Geste.
© VdK

Problembeschreibung

Ein Großteil der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland wird zu Hause gepflegt. In Rheinland-Pfalz sind über 250.000 Menschen pflegebedürftig. Auch hier wird die Mehrheit zu Hause gepflegt, wie die Ergebnisse der VdK-Pflegestudie zur Nächstenpflege für Rheinland-Pfalz zeigen. Für den Großteil der befragten Pflegepersonen ist es eine Selbstverständlichkeit, ihre Angehörigen zu Hause zu pflegen. Das eigene Zuhause bedeutet für viele Geborgenheit und Selbstbestimmtheit, die sie sich auch in einer Pflegesituation bewahren wollen. 

Vorrangig übernehmen Frauen den Großteil der Pflege der Angehörigen. Dabei ist Nächstenpflege ein Ausdauersport. Viele Pflegepersonen kümmern sich zehn Jahre und länger um ihre zu pflegenden Angehörigen. Dies tun sie oft noch neben ihrer Erwerbstätigkeit. Dennoch ist die Nächstenpflege mit finanziellen Verlusten für die Pflegepersonen verbunden. Häufig müssen sie ihre Stunden reduzieren oder den Beruf zumindest vorrübergehend ganz aufgeben, was später zu Altersarmut führen kann. Auch nach Ende der Pflegezeit können finanzielle Einbußen bestehen bleiben, wenn die Wiedereingliederung in den Job oder die Steigerung der Wochenstunden nach der Pflegezeit nicht gelingt. 

Die Studienergebnisse für Rheinland-Pfalz zeigen auch, dass Pflegepersonen teilweise keinen Urlaub und keine Pause haben und sich rund um die Uhr kümmern. Häufig leidet dabei die eigene Gesundheit- Zeit für eigene Interessen und Hobbies fehlt. Die Ergebnisse der bundesweiten Befragung im Rahmen der VdK-Pflegestudie zeigen, dass Entlastungsangebote häufig nicht genutzt werden. Die Gründe dafür sind vielfältig. So sind die Angebote teils zu teuer, Pflegepersonen und Pflegebedürftige kennen sie nicht oder es gibt schlichtweg keine. Zudem fehlen in vielen Regionen Angebote der Verhinderungs-, Tages- und Nachtpflege. Es kommt auch vor, dass eine Betreuung durch eine andere oder fremde Person neben der Pflegeperson nicht gewünscht ist.

Die Befragten wünschen sich mehr Pflegegeld und ein besseres Entlastungsangebot, welches sie auch nutzen können. Außerdem ist es wichtig, die Übergänge von verschiedenen Pflegesettings, wie etwa nach einem Krankenhausaufenthalt, zu gewährleisten und die Versorgung zu bekommen, die benötigt wird. Zudem wünschen sich die Befragten Beratung aus einer Hand, anstatt Informationen an verschiedenen Stellen erfragen zu müssen. 

Hinsichtlich Beratung und Information sind die Pflegestützpunkte, die es in Rheinland-Pfalz schon lange flächendeckend gibt, eine gute Anlaufstelle. Doch sie sind immer noch zu unbekannt. Viele Pflegebedürftige und pflegende Angehörige wissen nicht, wo sie Informationen und Beratung bekommen können.

Mehrfachbelastungen aus finanzieller Unsicherheit während und nach der Pflegezeit, physische und psychische Belastungen sowie fehlende Informationen und fehlende Angebote der Kurzzeit- und Verhinderungspflege zeigen: Entlastung für Pflegepersonen ist dringend notwendig. 

Unterstützung der Pflegepersonen

Damit pflegende Angehörige gut pflegen können und sich nicht allein gelassen fühlen, muss es mehr Angebote für sie geben. Dies umfasst zum einen eine bessere Finanzierung und Stärkung von Schulungen für pflegende Angehörige vor dem Hintergrund einer immer komplexer werdenden Pflege. Die Pflege von Angehörigen kann zudem oft kräftezehrend sein. Damit die Nächstenpflege nicht zulasten der physischen und psychischen Gesundheit der pflegenden Angehörigen geht, muss es daher zum anderen ein besseres Angebot hinsichtlich gesundheitlicher Förderung und Gesundheitsfürsorge geben. 

Pflegestützpunkte und Leistungen bekannter machen

Die rheinland-pfälzischen Pflegestützpunkte müssen bekannter werden und, auch hinsichtlich der demographischen Entwicklung, ausreichend personell ausgestattet werden. Darüber hinaus sollte die Hilfestellung beim barrierefreien Ausbau der Wohnung und der Besorgung von Hilfsmitteln verbessert werden. Pflegende Angehörige müssen wissen, wo sie Hilfe bekommen. Um diese Leistungen dann auch unkompliziert beantragen zu können, müssen Anträge vereinfacht werden. 

Der Entlastungsbetrag ist eine ebenfalls bestehende Leistung, die optimiert werden muss. So sollte eine unkomplizierte Auszahlung des Entlastungsbetrags möglich sein, wenn dieser nicht abgerufen wird. Zudem müssen die Hürden zur Inanspruchnahme der Entlastungsleistungen als Nachbarschaftshilfe in Rheinland-Pfalz verringert werden und alle Anspruchsberechtigten über diese Angebote besser informiert werden. 

24-Stunden-Pflege qualitativ absichern

Die häuslichen Pflegearrangements sind vielfältig. So nutzen manche eine 24-Stunden-Pflege, um die Pflege in der eigenen Häuslichkeit zu ermöglichen. Für diese 24-Stunden-Pflege muss es eine rechtliche und an Qualitätsstandards orientierte Verbesserung geben sowie ein Kontrollmechanismus, um diese Qualitätsstandards zu überprüfen, um eine gute Pflege zu Hause zu gewährleisten. Viele Pflegebedürftige kommen zudem nicht mehr eigenständig zu ihren Hausärztinnen und Hausärzten. Damit eine ärztliche Betreuung und Untersuchung trotzdem gewährleistet sind, müssen Besuche von Hausärztinnen und Hausärzten verpflichtend sein. 

Ausreichend Angebote

Wenn die Pflege zu Hause vorübergehend nicht möglich ist, beginnt für Viele die langwierige Suche nach freien Nacht-, Verhinderungs- und Kurzzeitpflegeplätzen. Um möglichst schnell ausfindig machen zu können, wo solche Kapazitäten verfügbar sind, muss, wie es bereits in Nordrhein-Westfalen geschehen ist, ein barrierefreies Online-Portal für ganz Rheinland-Pfalz eingeführt werden, worüber schnell und transparent ein Überblick für solche Plätze möglich ist. 

Bei der Suche nach freien Kapazitäten für einen Platz in einer stationären Pflegeinrichtung werden Pflegebedürftige mit einem hohen Pflegegrad und bestimmten Erkrankungen teilweise abgelehnt. Diese Selektion von Pflegebedürftigen nach potenziellem Pflegeaufwand darf nicht geschehen. Pflegebedürftige dürfen nicht wegen bestimmter Erkrankungen oder ihres Pflegegrades selektiert werden. Ein ausreichendes Angebot an Plätzen in Pflegeeinrichtungen mit entsprechendem Personal ist hier der Schlüssel. 

Ein ausreichendes Angebot muss es ebenfalls für die junge Pflege, also für Menschen unter 60 Jahren, beziehungsweise junge Pflegebedürftige mit einer Behinderung geben. Es darf nicht sein, dass sie in Pflegeeinrichtungen für Senior:innen ziehen müssen, weil es für sie kein entsprechendes Angebot gibt. 

Erholungsphasen für Pflegepersonen und Pflegebedürftige

Um Erholungsphasen mit den Pflegebedürftigen gestalten zu können, muss es außerdem Möglichkeiten geben, Auszeiten und Urlaube barrierefrei und an den Pflegebedarf angepasst gestalten zu können. Inklusionshotels sind hierfür eine gute Adresse, jedoch sind die Kapazitäten begrenzt. Hinsichtlich Erholungsmöglichkeiten außerhalb der eigenen Häuslichkeit muss es ein entsprechendes Angebot für Pflegebedürftige und ihre Pflegepersonen geben. Als größtes Ehrenamt ist die Nächstenpflege zudem bei Vergünstigungen zu kulturellen Veranstaltungen zu berücksichtigen. Wie andere Ehrenamtliche auch, sollten Pflegepersonen hier Vorteile genießen können. Dies würde auch die gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe fördern, da der Besuch solcher Veranstaltungen dann nicht von den finanziellen Möglichkeiten abhängen würde.