Ehrenamt stärken

Um die gesellschaftlichen und individuellen positiven Aspekte von Ehrenämtern zu fördern und auszubauen, muss die Attraktivität des Ehrenamts gesteigert werden.

Ein VdK-Infostand in einer Fußgängerzone, eine Frau spricht mit einem Passanten, am Stehtisch daneben unterhalten sich Menschen.

Problembeschreibung

In vielen Vereinen und Verbänden findet momentan ein Generationenwechsel statt, so auch im VdK. Menschen, die ein Ehrenamt übernehmen wollen, werden händeringend gesucht, junge Leute sollen für das Ehrenamt gewonnen werden. Allerdings ist es häufig unattraktiv, ein Ehrenamt zu übernehmen. Beruf und Care-Aufgaben, wie Kindererziehung oder Pflege einer nahestehenden Person, sind oftmals schwierig mit einem zeitaufwendigen und verbindlichen Ehrenamt in Einklang zu bringen. Vergünstigungen für Ehrenamtliche, beispielsweise über kommunale Ehrenamts-Karten, sind ebenfalls häufig unattraktiv und verfehlen den gewünschten Effekt. 

Dabei ist ehrenamtliches Engagement sowohl für jede Einzelne und jeden Einzelnen als auch für die Gesellschaft positiv. So sind Menschen durch ihr ehrenamtliches Engagement in eine Gruppe eingebunden und haben soziale Kontakte, was Vereinsamung entgegenwirkt. Ein Ehrenamt bringt außerdem ein großes Maß an Kommunikation, Mobilität und Kreativität mit sich. Ehrenämter fördern außerdem den gesellschaftlichen Zusammenhalt und gestalten das soziale System. Um die gesellschaftlichen und individuellen positiven Aspekte von Ehrenämtern zu fördern und auszubauen, muss die Attraktivität des Ehrenamts gesteigert werden.

Attraktivere Vergünstigungen

Um die rheinland-pfälzische Ehrenamtskarte zu erhalten, müssen Ehrenamtliche einen Stundenaufwand von mindestens durchschnittlich fünf Stunden pro Woche ehrenamtlicher Tätigkeit nachweisen. Diese Stundenanzahl erreichen jedoch viele Ehrenamtliche nicht, weswegen sie keine solche Karte beantragen können. Daher sollte die Stundenzahl gesenkt werden, damit mehr Ehrenamtliche die Vorteile einer solche Karte genießen können. Zudem besteht das Problem, dass sowohl bei dieser bundeslandweiten als auch bei lokalen Ehrenamtskarten die Angebote und Vergünstigungen, die damit genutzt werden können, unattraktiv sind. Hier müssen attraktivere Angebote und Lösungen geschaffen werden, wie etwa eine vergünstigte ÖPNV-Nutzung. 

Das wohl größte Ehrenamt ist die häusliche Pflege, wie die Zahlen pflegender Angehöriger aus der VdK-Pflegestudie eindrücklich zeigen. Auch für die Nächstenpflege muss es Vergünstigungen geben, wie etwa für kulturelle Veranstaltungen. Dies würde auch bewirken, dass kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe nicht vom Geldbeutel abhängt. Pflege ist zeit- und kostenintensiv und nicht alle pflegenden Angehörigen können sich kulturelle Veranstaltungen leisten. 

Freistellungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten

Ehrenamtliche Tätigkeiten beanspruchen Zeit. Um ein verantwortungsvolles und zeitintensives Ehrenamt neben einem Beruf ausführen zu können, braucht es niedrigschwellige und breiter gefächerte Möglichkeiten der beruflichen Freistellung bei Vorstandstätigkeiten, zum Beispiel für Amtsgänge. Außerdem müssen Freistellungen für Bildungsurlaube und Schulungen für Ehrenamtliche ausgebaut werden. Dies betrifft zum einen den zeitlichen Umfang und zum anderen für welche Schulungen eine Freistellung möglich ist. Diese sollte auch für verbandsinterne Schulungen möglich sein. Schulungen und Erste-Hilfe-Kurse sollten zudem für Ehrenamtliche kostenfrei sein.

Darüber hinaus sollte es auch möglich sein, durch ehrenamtliches Engagement Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen zu können beziehungsweise sollten sich diese aus/ mit einem ehrenamtlichen Engagement ergeben können. So könnten berufliche Qualifikationen durch Weiterbildung aufbauend auf ein Ehrenamt erlangt werden, die potenziell dem heutigen und zukünftigen Fachkräfte- und Personalmangel entgegenwirken können. 

Keine Überforderung der ehrenamtlich Tätigen

In bestimmten Bereichen gehen ehrenamtliche Tätigkeiten mit einer psychischen Belastung einher, zum Beispiel in sensiblen Bereichen wie der Arbeit in Frauenhäusern. Hier sollte es psychologische Angebote für Ehrenamtliche geben. 

In manchen Bereichen ist es durchaus positiv zu sehen, dass nicht der Staat alle Aufgaben übernimmt, sondern dass Angebote durch die Zivilgesellschaft gestaltet werden. Zugleich darf aber auch nicht auf das Ehrenamt verwiesen werden, wenn der Staat seinen Aufgaben zur Daseinsfürsorge nicht mehr nachkommen kann. So können Bürgerbusse und ehrenamtliche Fahrdienste für Senior:innen kein Bus- und Bahnnetz ersetzen, und Sozialleistungen dürfen nicht mit Verweis auf die Arbeit der Tafeln zu niedrig berechnet sein. Ein Ehrenamt ist kein Ersatz für staatliche Daseinsfürsorge wie Beratungsstrukturen, Betreuungsangebote oder eine ausreichende ÖPNV-Anbindung.