VdK rückt Thema "Armut" in den Fokus

Von: Katie Scholl-Göttlinger

Armut hat viele Gesichter – auch in Rheinland-Pfalz. Trotzdem finden die Sorgen betroffener Menschen in Politik und Gesellschaft oft zu wenig Gehör. Der Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz macht daher das Thema „Armut in Rheinland-Pfalz“ öffentlich sichtbar.

Menschen stehen vor Ausstellungsstücken.
Die Auftaktveranstaltung gab einen ersten Einblick in die Ausstellungselmente. © VdK|Finkenzeller

Den Auftakt bildete eine gut besuchte Veranstaltung in Mainz-Finthen mit Armutsforschern, politischen Entscheidungsträgern, VdK-Repräsentanten und Betroffenen. Sie markierte den Start einer vierwöchigen Ausstellung in der Landesverbandsgeschäftsstelle.

Den Auftakt bildete eine Veranstaltung in Mainz-Finthen mit Armutsforschern, Politikerinnen und Politikern, VdK-Repräsentanten und Betroffenen. Sie markierte den Start einer vierwöchigen Ausstellung in der VdK-Landesverbandsgeschäftsstelle in Mainz.

Armut als Stigma

„Armut hat nichts mit Faulheit oder Schuld zu tun“, betonte VdK-Landesverbandsvorsitzender Willi Jäger gleich zu Beginn der Veranstaltung. Dies verdeutlichte anschließend VdK-Mitglied Christiane Kraetsch anhand ihrer persönlichen Geschichte. „Armut ist mit Stigma behaftet. Ich möchte nicht bemitleidet werden“, stellte die 65-Jährige klar und schilderte dann mutig und offen vor Publikum, wie sie und ihr Ehemann durch Krankheit in eine Armutsspirale gerieten, die sie an den Rand der Gesellschaft drängte.

„Wir hatten ein schönes Leben und dann kam die Diagnose Krebs“, erinnert sich Kraetsch. „Wir mussten viel Geld aufbringen für die Behandlung, Medikamente, für Fahrten ins Krankenhaus und gleichzeitig stiegen die Preise für Lebensmittel. Hinzu kamen Anträge, die doppelt und dreifach ausgefüllt werden mussten.“ Von der Politik wünscht sich Christiane Kraetsch deshalb mehr strukturelle Unterstützung und das Aufzeigen von unterstützenden Hilfsnetzwerken.  

Soziale Ungleichheit

An diese Forderung knüpfte auch der Vortrag von Prof. Dr. Christoph Butterwegge an: „Die Politik muss Armut endlich als Teil einer wachsenden sozialen Ungleichheit in Deutschland erkennen. Denn nur wer den Zusammenhang von Armut und Reichtum als strukturelles Problem erkannt hat, wird armen Menschen nicht die Schuld an ihrer Situation zuschieben.“ Dass auch die Große Koalition das Thema nicht im Fokus hat, belegte er mit einer Analyse des Koalitionsvertrags. „Im Koalitionsvertrag kommt das Wort ,Armut ´sieben Mal vor, das Wort ,Reichtum´ 131 Mal.“  

Prof. Dr. Butterwegge nannte drei Lösungen im Kampf gegen die zunehmende soziale Ungleichheit. Erstens: Eine stärkere Regulierung des Arbeitsmarktes durch mehr Tarifbindungen. Zweitens: Der Aus- und Umbau des Sozialstaates mit einer solidarischen Bürgerversicherung, in die alle einzahlen – auch Selbstständige, Beamtinnen und Beamte sowie Politikerinnen und Politiker. Drittens: Eine Steuerpolitik, die Reiche nicht bevorzugt.

Auch VdK-Präsidentin Verena Bentele betonte in ihrem Grußwort, dass der Sozialstaat nicht das Problem, sondern die Lösung bei der Bekämpfung von Armut sei.

Lösungen vor Ort

Ergänzend zeigte Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, ehemaliger Bundestagsabgeordneter, politische Lösungsansätze auf lokaler Ebene auf. „Durch eine bessere Kooperation mit Behörden in den Kommunen und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum kann zum Beispiel Obdach- und Wohnungslosigkeit frühzeitig verhindert werden.“

Über diese Lösungsansätze diskutierten nach der Veranstaltung Landespolitikerinnen und -politiker, darunter Sozialministerin Dörte Schall, die auch ein Grußwort hielt, sowie die Landtagsabgeordneten Michael Wäschenbach (CDU) und Michael Hüttner (SPD), beide Mitglieder des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Pflege und Transformation.