Pflegebedürftigkeit: Wie erhält man einen Pflegegrad?
Wer pflegebedürftig ist, erhält Leistungen von der Pflegeversicherung. Zuvor muss allerdings eine Begutachtung stattfinden durch den Medizinischen Dienst (MD), der anschließend einen Pflegegrad zwischen 1 und 5 vergibt – je höher der Pflegegrad, desto mehr Unterstützung erhalten die Pflegebedürftigen. Wie die Pflegegradbegutachtung abläuft und wie man sich darauf vorbereiten sollte, klärt unser VdK-Tipp.
Wie Antrag stellen?
Der Antrag für einen Pflegegrad wird bei der Pflegekasse gestellt; ein Anruf oder eine E-Mail genügen, um das Antragsformular zu erhalten. Die Begutachtung wird unabhängig von der Pflegekasse durch den Medizinischen Dienst (MDkurz fürMedizinischer Dienst) durchgeführt; bei privat Versicherten übernimmt dies die Firma Medicproof. Eine Erstbegutachtung findet in der Regel immer im häuslichen Umfeld statt.
Was wird überprüft?
Um die Selbständigkeit der Pflegebedürftigen zu prüfen, gibt es sechs Module: Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen, Selbstversorgung, Bewältigung von Krankheit und Therapie sowie die Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte. Die Module werden aber nicht gleich gewichtet; bei der Berechnung des Pflegegrads macht die „Selbstversorgung“ sogar 40 Prozent aus.
Wie verhalten?
Manche (älteren) Pflegebedürftigen beschönigen ihre Situation – vielleicht aus Stolz, oder weil sie gerade in guter Tagesform sind. Die meisten erfahrenen Gutachterinnen und Gutachter erkennen glücklicherweise solche Fälle. Trotzdem ist es sinnvoll, wenn eine angehörige Person dabei ist und notfalls die Aussage korrigiert. Umgekehrt sollte man aber auch nicht dramatisieren und die Situation düsterer zeichnen, als sie ist.
Wie vorbereiten?
Es ist sinnvoll, sich vorab mit den Themen der Begutachtung vertraut zu machen. Dazu gibt es Selbsteinschätzungsbögen, beispielsweise auf der Webseite des VdK-Bundesverbands. Machen Sie vor dem MDkurz fürMedizinischer Dienst-Besuch unbedingt Notizen, beispielsweise zum üblichen Tagesablauf. Was kann selbstständig erledigt werden? Wie oft und bei welchen Tätigkeiten muss jemand zur Hilfe kommen? Falls Sie ein Pflegetagebuch führen, legen Sie es dem MDkurz fürMedizinischer Dienst vor.
Außerdem sollten wichtige Unterlagen bereitgelegt und gegebenenfalls für den MDkurz fürMedizinischer Dienst kopiert werden, zum Beispiel der Medikamentenplan, aktuelle Arzt- oder Krankenhausberichte, die Pflegedokumentation eines ambulanten Pflegedienstes oder einschlägige Bescheide. Sinnvoll ist auch, regelmäßige Behandlungen (zum Beispiel Krankengymnastik) oder Hilfsmittel (Rollator, Hörgerät, Pflegebett) aufzulisten.
Was geschieht danach?
Der MDkurz fürMedizinischer Dienst schreibt ein Gutachten, in dem ein Punktwert bestimmt und die voraussichtliche Dauer der Pflegebedürftigkeit festgelegt wird. Dieses dient der Pflegekasse als Entscheidungsgrundlage. Darüber hinaus wird ein individueller Pflegeplan erstellt, mit Empfehlungen zur Selbstständigkeit, zu Präventionsmaßnahmen oder zu weiteren Hilfsmitteln. Innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Antragstellung muss über den Pflegeantrag entschieden werden, wobei in Sonderfällen verkürzte Fristen gelten. Andernfalls können die Betroffenen eine Entschädigung verlangen.
Welchen Pflegegrad der oder die Betroffene erhält, wird schriftlich mitgeteilt. Sollte der Pflegegrad zu niedrig sein, weil der MDkurz fürMedizinischer Dienst oder die Pflegekasse irgendeinen Aspekt nicht berücksichtigt haben, kann man Widerspruch einlegen. Dann muss man aber die Fehleinschätzung möglichst genau darlegen beziehungsweise beweisen.
Telefoninterview?
Nur eine Höherstufungs- oder Wiederholungsbegutachtung darf der MDkurz fürMedizinischer Dienst als Telefoninterview durchführen. Dafür muss bereits ein Pflegegrad vorliegen, und der oder die Antragstellende muss über 14 Jahre alt sein. Verschärfte Voraussetzungen gelten, wenn die Pflegebedürftigen nicht volljährig sind, an einer Demenz oder psychischen Erkrankung leiden oder Verständigungsschwierigkeiten haben. Dann muss während des Telefonats eine Unterstützungsperson anwesend sein. Telefoninterviews sind verboten, wenn aus fachlicher Sicht etwas dagegenspricht, wenn es um einen Widerspruch geht oder wenn die Betroffenen nicht dazu bereit sind; sie können jederzeit verlangen, dass die Begutachtung zu Hause durchgeführt wird.
Pflegegradrechner
Der VdK bietet einen Pflegegradrechner an: Externer Link:www.vdk.de/themen/pflege/pflegegradrechner/