Klagen und Widersprüche: Die Krux mit den Fristen
Per Post verschickte Bescheide: Welches Datum ist hier wichtig? Der VdK-Tipp gibt Antworten.
Text am Briefende ist wichtig
Bei Widersprüchen oder Klagen gibt es immer Fristen zu beachten. Diese richten sich danach, wann das entsprechende Schreiben (Bescheid) von der Behörde dem Betroffenen zugestellt wurde. Trotz fortschreitender Digitalisierung werden solche Dokumente meistens per Post verschickt. Das birgt aber Risiken: Denn das Datum im Brief sagt nichts darüber aus, wann er zur Post gebracht wurde und wann die Post ihn tatsächlich ausgeliefert hat.
Wenn man eine Leistung beantragt und einen Bescheid erwartet, findet man meist am Ende des Schreibens einen Rechtsbehelf – zum Beispiel, dass ein Widerspruch oder eine Klage innerhalb eines Monats möglich wäre. Diese Frist muss man beachten; danach hat man rechtlich keine Möglichkeit mehr, der Entscheidung zu widersprechen.
Zustellfiktion versus Realität
Ab wann die Frist zu laufen beginnt, ist gesetzlich geregelt. Ein Brief von der Behörde zählt am dritten Werktag als zugestellt. Die Sonntage und Feiertagen fallen natürlich nicht darunter, wodurch sich diese so genannte Zustellfiktion entsprechend verlängert.
Problem ist nur: Heutzutage kann man immer weniger davon ausgehen, dass die Post einen Brief innerhalb von drei Tagen zustellt. Das heißt, die Zustellfiktion entspricht nicht mehr der Realität. Somit tragen die Antragstellenden das Risiko, unverschuldet eine Widerspruchsfrist zu verpassen. Der Gesetzgeber hat das erkannt und deswegen zum 1. Januar 2025 die Frist um einen auf vier Tage verlängert.
Trotzdem kommt es zu teilweise massiven Verzögerungen bei der Zustellung. Es gab Fälle, in denen auf Schreiben einer Behörde der 5. Oktober stand, der Brief aber erst am 15. Oktober im Briefkasten landete. Eigentlich beginnt die Frist dann ab dem 15. Oktober, aber da die Behörde von einer Vier-Tage-Zustellung ausgeht, läuft die Frist schon ab dem 9. Oktober.
Poststempel beachten
Die Gerichte haben auf diesen Missstand reagiert: Nach neuester Rechtsprechung ist vorrangig der Poststempel heranzuziehen, wenn dieses Datum von dem Absendevermerk der Behörde abweicht. (BGH, Beschluss vom 26. September 2024, Az. :X B 28/24). Man muss also immer das Datum auf dem Schreiben mit dem Zustelldatum, also wenn der Brief tatsächlich im Briefkasten landet, abgleichen.
Doch wie erkennt man im Streitfall, wann der Brief tatsächlich versendet wurde? Auf den heutigen Behördenbriefen gibt es keine Briefmarken mit klassischem Poststempel mehr. Stattdessen sieht man wellenartige Striche – eine so genannte Frankierwelle.
Diese Frankierwelle ist vom Postzentrum codiert und beinhaltet das Datum bei dem Eingang im Postbriefzentrum sowie weitere Angaben. Wenn es aus der Frankierung nicht ersichtlich ist, wann der Brief von der Behörde im Postbriefzentrum ankam, muss man in eine Postfiliale die Frankierwelle auslesen lassen.
Sicherer Versand
Vorsicht übrigens, wenn die Antragstellenden ihren Widerspruch in bereits benutzte Briefumschläge eintüten und an die Behörde schicken. Dann muss man genau darauf achten, dass auf diesem gebrauchten Briefumschlag keine orangenen Striche sind. Denn das sind Codierungen, die die Adresse des damaligen Empfängers enthalten, wodurch der Brief postwendend zurückgeschickt wird und nicht bei der Behörde landet. Auch dadurch kann man eine Frist verpassen.
Am sichersten ist, der Behörde ein Einschreiben mit Rücksendeschein zu schicken. Wem das zu teuer ist, der kann einen so sogenannten Prio-Brief für etwa 1,10 Euro mehr versenden. Dieser Prio- Brief beinhaltet zumindest eine Sendungsnummer, wodurch nachprüfbar ist, wann der Brief den Empfänger erreicht hat. Prio-Briefe werden grundsätzlich priorisiert bearbeitet und kommen schneller an, meist schon am nächsten Tag.
Am bequemsten ist natürlich, den Widerspruch per E-Mail zu schicken. Dafür braucht man eine elektronische Signatur oder die Zustimmung der Behörde. Zudem gibt es nach wie vor die Möglichkeit, den Widerspruch bei der Behörde mündlich zur Niederschrift einzulegen.